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Stellenausschreibungen - geschlechtergerecht für alle

„Elektroniker*in“, „Kaufleute“, „Fachkraft“. Zugegeben, ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich in der Stadtbahn in Bochum diese Anzeige der Bogestra, der Bochumer Verkehrsbetriebe, für Ausbildungsplätze gesehen habe. Denn hier werden gleich drei Möglichkeiten gezeigt, Berufsbezeichnungen geschlechtergerecht zu formulieren: 1. mit Genderstern, 2. neutral im Plural und 3. als abstrakter Begriff.

Neben dem Nachdenken über Berufsbezeichnungen für alle lohnt es sich bei Stellenausschreibungen aber auch, einmal einen genaueren Blick auf den gesamten Ausschreibungstext und auch auf das präsentierte Unternehmensprofil zu werfen.

Die Berufsbezeichnung

Wie kann die ausgeschriebene Stelle genannt werden, ohne auf das überholte, wenn auch rechtssichere Geschäftsführer (m/w/d) zurückzufallen? Möglich sind z. B.:

  • Genderstern: Gesucht wird ein*e Geschäftsführer*in, Abteilungsleiter*in, Berater*in
    Stark im Kommen ist aber auch der Doppelpunkt: Geschäftsführer:in, Abteilungsleiter:in, Berater:in.
  • Neutrale oder abstrakte Form: Zu besetzen ist die Position der Geschäftsführung, Abteilungsleitung, Assistenz der Geschäftsführung; wir suchen Fachkräfte, Honorarkräfte
  • Partizipform im Plural: Wir suchen Lehrende, Auszubildende

Einen spannenden Überblick über die Entwicklung der Berufsbezeichnungen im Duden findet sich aktuell auf der Seite genderleicht.de, einem Projekt des Journalistinnenbundes: https://www.genderleicht.de/heiteres-berufe-gendern-beim-duden/

Der Ausschreibungstext

Ein Ausschreibungstext kann scheinbar neutral formuliert sein und dennoch unterschwellig nur Männer oder nur Frauen ansprechen. Dies können sich vor allem die Berufsfelder nicht mehr leisten, die unter Fachkräftemangel leiden und deshalb besonders darauf achten müssen, in ihren Ausschreibungen alle potenziellen Interessierten anzusprechen. Das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung hat hierzu einen umfassenden Leitfaden (Link am Ende des Beitrags) entwickelt, wie gezielt Frauen in Stellenausschreibungen für traditionelle Männerberufe angesprochen werden, ohne dass sich zugleich Männer von einer Bewerbung abhalten lassen.

Zwei Strategien hieraus sind für alle Stellenausschreibungen relevant, die geschlechtergerecht formuliert sein sollen: Wie werden die erwarteten Soft Skills formuliert? Und wie präsentiert sich das Unternehmen?

Formulierung der Soft Skills

Über die Beschreibung der erwarteten Soft Skills kann signalisiert werden: Eigentlich wollen wir nur Bewerbungen von Männern oder nur von Frauen. Denn bestimmte Eigenschaften gelten als typisch männlich oder typisch weiblich. Besser werden Soft Skills mit Begriffen formuliert, die nicht als geschlechtsspezifisch wahrgenommen werden.

Machen Sie den Selbsttest und prüfen einmal Ihre Assoziationen zu diesen Wörtern: teamfähig, kreativ, durchsetzungsstark, verhandlungssicher, wortgewandt, loyal, konfliktfähig, fleißig, ehrgeizig, logisch, leistungsbereit, aktiv, einfühlsam, verständnisvoll, rational, autonom, selbstbewusst, analytisch, zuverlässig.

Nicht alle Begriffe lassen sich eindeutig zuordnen, zudem gibt es heute nicht mehr „Die Frau“ und „Den Mann“. Dennoch lohnt sich, nach Begriffen zu suchen, die möglichst wenig geschlechtsspezifisch wahrgenommen werden. In dem genannten Leitfaden werden z. B. Teamfähigkeit, Kreativität und Selbständigkeit als geschlechtsneutral bezeichnet. Durchsetzungsvermögen, analytisches Denken und Entscheidungsvermögen gelten demnach hingegen als männlich assoziiert.

Laut dem Leitfaden des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung ist aber auch die Formulierung selbst ausschlaggebend. So würden sich Frauen bei den Soft Skills eher von Verhaltensweisen als von Eigenschaften angesprochen fühlen – ohne dass sich deshalb Männer umgekehrt von Verhaltensweisen abgeschreckt fühlen würden. Eigenschaften wie „führend“, „direkt/geradeheraus“ oder „ehrgeizig“ ließen sich dann besser umformulieren in die Verhaltensweisen „Verantwortung übernehmen“, „offen und klar kommunizieren“ oder „Ziele klar im Blick haben“.

Präsentation des Unternehmens

Wirklich geschlechtergerecht und auch auf allen anderen Ebenen diskriminierungsfrei wird eine Stellenausschreibung erst, wenn sich die Geschlechtergerechtigkeit und generell eine Diversity-Orientierung auch authentisch im Profil des Unternehmens, der Behörde, der Einrichtung, der Hochschule etc. widerspiegelt. Wie steht es mit Führung in Teilzeit, flexiblen Arbeitszeitmodellen, Homeoffice, Betriebs-Kita? Welche Qualifizierungsmöglichkeiten werden angeboten? Was für ein Bild wird im Internet-Auftritt von der Unternehmenskultur, dem Betriebsklima, Freizeit- und Gesundheitsangeboten, Vereinbarkeit von Care-Arbeit und Beruf vermittelt?

Wenn Sie als Arbeitgeber*in z. B. eine geschlechtergerechte Verteilung der Care-Arbeit für richtig halten, braucht es eben auch sichtbar Arbeitsbedingungen, die dies ermöglichen. Und wenn Sie sich für eine Führungsposition eine vielfältige Palette an Bewerber*innen wünschen, braucht es auch eine Unternehmenskultur jenseits von hierarchischen, männlich tradierten Vorstellungen von Führung.

Die Bildsprache

Das Unternehmensprofil spiegelt sich übrigens auch und gerade in der Bildsprache wider: Wie bunt ist die Belegschaft? Wer steht im Vordergrund? Wie stereotyp ist die Kleidung? Wenn eine Stellenausschreibung für eine Geschäftsführung mit dem Bild eines weißen mittelalten Mannes mit kurzen angegrauten Haaren in Anzug und Krawatte illustriert wird, wer wird sich vor allem eingeladen fühlen und wer nicht?

Stellenausschreibungen sind deshalb erst dann wirklich geschlechtergerecht, wenn sich in ihnen eine authentische geschlechtergerechte und diversity-orientierte Unternehmenskultur ausdrückt.

Weiterführende Links:

Leitfaden des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung: https://www.kofa.de/fileadmin/Dateiliste/Publikationen/Handlungsempfehlungen/Rekrutierung_von_Frauen.pdf

Projektseite des Journalistinnenbundes: https://genderleicht.de

 

Schlagwörter

geschlechtergerechtes Schreiben, Berufliches Schreiben

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